Am 25. Dezember 2013 starten wir die laaaaaaaange Fahrt von El Calafate nach Buenos Aires. 3000km, die wir in 9 Tagen - inkl. eine zweitägige Pause in der Valdés Halbinsel - abschließen werden.Wir fahren zwischen 300 und 500 km täglich und stoppen in Campings im Küstengebiet. So fahren wir Patagonien auf der Meerseite durch, nachdem wir die Bergseite schon entdeckt haben.

Argentine Radatilly 015

Hunderte Kilometer mit nur abstumpfendem Wind und abwechslungslosen Steppenlandschaften. Kein Radiosender. Ñandus (Emus), Guanacos (eine Art Lamas) und manche unvorsichtige Armadille, die die Strasse überqueren, sind unsere einzige Unterhaltung. Sobald wir einen sehen, machen wir also eine Pause. Michelle ist Expertin fürs Orten der Armadille geworden. Auf der Strasse ist dann oft folgendes passiert:

- Michelle: "TATOOOUUUUU !!!" ["ARMADIIIIIILLL!!!"]
- Rémi: "OU CA ?" ["WO DENN?"]

beim Volldrücken des Bremspedals. Bücher, Jacken, Keckspackungen fliegen durch die Fahrgastzelle. Unsere Sicherheitsgürtel schalten den Panikmodus an. Wir steigen sofort aus, um das Tier zu fotografieren. Der Armadill rennt so schnell wie möglich weg....und wir verstehen das!

Argentine Remontée Est RM 015

Der Seitenwind zwingt die Fahrer, ständig auszugleichen. Die Windstöße misshandeln den Wohnmobil, dessen Aerodynamik begrenzt ist. Der Wind bewegt Millionen Tonnen Sand und Erde ins Meer. Ist aber allen egal, da nichts angebaut wird. Puerto San Julian, Radatilly, Las Grutas...Wir richten uns in leere Stadtcampings ein, die aber unsere Zeltpflöcke und den Windwiderstand unseres kleinen MSR Hubba Hubba stark auf die Probe stellen.

Argentine Radatilly 004

Jedesmal, wenn wir Nirgendwo in so eine kleine Stadt ankommen, fühlen wir uns immer traurig. Die Häuser sehen wie Fertigbau aus. Sichtbare Hohlblocksteine, nicht abgeschlossene elektrische Einrichtungen, kein Garten, und der vom Wind getragene Sand, der überall reinkommt. Wie konnten geistig gesunde Leute sich in so traurigen Gebieten einrichten? Unser Reiseführer erklärt, dass die Besiedelung zu einer Zeit stattgefunden hat, wann Argentinien sich vor der Ambition Chiles fürchtete, die leeren Länder Patagoniens zu erobern. Leute wurden deswegen in Siedlungen geschickt, um die Territorien zu besetzen. Wir stehen also mitten im Rest der argentinischen Strafkolonien.

Auf halbem Weg machen wir eine Pause in der Valdés Halbinsel. Diese riesige Bucht wurde auf die Liste der Menschenerbe aufgenommen. Es ist eine Arts Refugium für Walen, Seelöwen, Seeelefanten und Magellan Pinguine. Die beiden, hunderte Kilometer langen Buchten sind auch eine Art Krippe für die Glatwale. Von Juli bis Dezember kommen sie hier um zu werfen, bevor sie zur Antarktis um zu fressen wandern.Wir sind sehr ungeduldig, und wollen welche sehen! Leider erfahren wir, als wir kommen, dass die letzten Wale die Halbinsel vor drei Tagen verlassen haben...

Argentine Péninsule Valdés 014

Am nächsten Tag fahren wir Richtung Punta Norte, wo Seelöwen und -elefanten sind sammeln. Diesmal haben wir Glück: die Tiere sind auch da. Wir beobachten sie vom Aussichtspunkt. Sie liegen auf dem Strand, allein oder in Gruppen. Die Seelöwen erkennt man durchs rote Fell, das sie um den Hals wie eine Mähne tragen. Die Männchen schlafen mitten in ihrem Harem. Die Seeelefanten mit ihrem Rüssel, streiten oder schlafen mit Wohlseinbrummen. Sie wurden lange für ihr Fleisch und Fett gejagt, sind inzwischen geschützt und passen auf uns überhaupt nicht auf.

Argentine Péninsule Valdés A 070

Das interessanteste Show bekommen wir etwas später von den Pinguinen. Die mehrere Hundertköpfige Kolonie nistet auf einem scharfen Fels. Die oben stehenden Pinguinen sind nur wenige Meter vom Laufsteg entfernt, wo die Touristen sich befinden. So sehen wir sie auch ganz schön. Wir haben sogar den Eindruck, dass manche es genießen, von allen Leuten fotografiert zu werden. Sie posieren, halb lächelnd, im besondern Licht Patagoniens.

Argentine Péninsule Valdés A 200

Die Jungen bewegen sich ungeschickt auf dem Hang, während Mama und Papa fischen.

Argentine Péninsule Valdés A 153

Pinguinepärchen küssen öffentlich. Sie glätten sich die Federn und und tuscheln sich Sachen ins Ohr.

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Daneben rufen einsame Männchen hoffnungslos. Und das werdet ihr nicht glauben: der Schrei des brunftigen Magellan Pinguins ist sehr ähnlich wie das Geschrei des Esels. Andere laufen oder gleiten sich entlang des Hangs hinterher. Andere noch steigen den Fels schwierig aber entschlossen, um zu ihrem Nest zu gelangen.

Argentine Péninsule Valdés A 150

Wir fahren nach Buenos Aires weiter. Ab dem Badeort Las Grutas sehen wir immer mehr Leute. Der argentinische Sommerurlaub hat gerade angefangen. Strände und Campings werden von heute auf morgen voll. Die Städtchen sehen plötzlich wie Julouville, La Faute sur Mer oder Saint-Jean les Pins [alle französische Badeorte] in Juli aus. Restaurants, Eisdielen, Badehosenläden und Souvenirshops sind jetzt geöffnet. Die Seepromenaden sind abends immer voll.

Argentine Patagonie A 002

Campingplätze auch. Und da wir in einem lateinischen Land sind, und die Argentinier Musikfans sind, gibt es ein paar Nachbarschaftsprobleme. Es kommt vor, dass Musiker- oder Sängergruppen mitten in der Nacht anfangen, neben unserem Zelt (gut) zu spielen. Nach einem netten Hinweis, dass wir am nächsten Tag fahren müssen, und sie hören verwirrt auf.

Wir erreichen Bahia Blanca am 31. Dezember. Hier spürt man den premium Badeort: Luxushochäuser am Meeresrand, Cocktailbars, Liegestühle am Strand. Aurélie und Rémi versuchen, etwas für Sylvester zu essen zu finden. Wir sind aber spät angekommen, und sie fürchten sich, nichts mehr zu finden. Sie laufen zufällig durch die Strassen in dieser Stadt, die wir nicht kennen. Zum letzten Augenblick betreten wie eine Bäckerei, wo sie die aller letzten Kuchen kaufen. Der Nachtisch ist wenigstens gerettet! Der Rest wir aber schwieriger. Alle Restaurants haben zu. Sie finden im Endeffekt eine Pizzeria, deren Ofen schon abgeschaltet sind. Aurélie überzeugt den Halter, sie wieder anzuschalten, um uns die letzten vier Pizzas des Jahres vorzubereiten. Wir feiern dann Sylvester im Wohnmobil mit unterschiedlichen Capricciosa, Quatro Staggioni und Margarita, sowie einem Dulce-de-Leche-Kuchen. Hier haben alle Leute riesige Asados vorbereitet. Wir sind trotzdem überrascht, wie alles still ist. Kein Feuerwerk, kein Alkohol, keine Sammlungen auf den Strassen, um das Neujahr zu feiern. Wir sind aber im Sommer: für uns sind diese Feier eine Unterbrechung des grauen, kalten Winters. Für die Argentinier kommen diese Tage kurz nach dem Anfang des Sommerurlaubs. Wie wäre es, wenn Weihnachten oder Sylvester am 30. Juni in Europa wäre? Würde man das genauso feiern?

Zum 1. Januar baden wir zum ersten Mal des Jahres im Pazifik und verbringen gut eine Stunde in den Wellen.

Argentine Patagonie A 017

2014 wünschen wir euch, das Leben zu genießen!

Wir fahren die lange Strecke weiter. Die Landschaft ändert sich plötzlich, als wir den Rio Colorado treffen, der die offizielle Nordgrenze Patagoniens markiert. Wir befahren die Pampa, Viehzuch aus der das beste Fleisch der Welt kommt. Entlang der Strasse bemerken wir immer mehr Anerkennung von Gauchito Gil.

Argentine Patagonie A 008

Wir erkennen die roten Häuschen am Strassenrand oder auf den Parkplätzen. Gauchito Gil ist etwa der argentinische Robin Hood. Er soll Wunder geschafft haben. Deswegen schenken ihm die Argentinier diverse, immer rote Sachen. Rote Schale, Blumen, Kerzen...und Rotweinflaschen. In Patagonien gab es auch Wasserflaschen neben den gleichen Häuschen als Erinnerung nach einer Frau, die sich bei der Suche nach ihrem verschwundenen Mann in der patagonischen Wüste verlaufen wäre, und aus Durst gestorben wäre.

Heute ist die letzte Etappe vor Buenos Aires. Am Abend beschäftigen wir uns mit dem Aussortieren und Packen aller Sachen, sowie mit dem Reinigen des Wohnmobils.

Argentine Patagonie 003

Am nächsten Tag kommen wir in Buenos Aires an, und befahren die Avenida de Julio. Wir fühlen uns wie das erste Mal auf den Champs-Elysées: jeder von uns hat große Augen, besonders Nicolas, der versucht, die Verkehrsregeln der breitesten Strasse der Welt zu verstehen.

Hier findet ihr alle Bilder der patagonischen Wüste.

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