Nach unserer Rückkehr aus der Osterinsel fliegen von Buenos Aires nach El Calafate in Patagonien. Drei Stunden Flug, um die breiten, leeren Flächen des argentinischen Südens zu erreichen. Von oben sieht man nur gelbe Kräuter in der Ferne. Patagonien ist das modische Reiseziel. In allen Reiseführern wird es mit Begeisterung beschrieben, Fotoshootings der großen Outdoor Marken finden hier statt, Stars lassen hier Häuser bauen...

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Im kleinen, modernen Flughafen von El Calafate treffen wir zufällig Sabine, die Deutsche, mit der wir die Tour im Salar von Uyuni geteilt hatten. Sabine hatte uns an der chilenische Grenze gerettet, indem sie das Austrittsrecht aus Bolivien für uns bezahlt hatte. Wir hatten unsere letzten Münzen dem Fahrer als Trinkgeld gerade gegeben...Sabine reist mit ihrem Mann weiter. Sie warnt uns gegen den patagonischen Wind, der jeden zum Fallen bringen kann.

Wir verfügen über drei Stunden in El Calafate vor der Abfahrt unseres Anschlussbuses nach El Chalten. Wir fahren zum Busbahnhof um unsere großen Rucksäcke abzustellen, und gehen in die Stadt einkaufen. El Chalten ist eine ganz kleine Stadt, und wir haben keine Ahnung, ob wir alles finden werden, was wir zum Verzehr brauchen - insbesondere guten Wein. Als wir aus einem Laden rausgehen, treffen wir zufällig...Michelle und Rémi (als Rémichelle bekannt), Nicolas Eltern, die auch die Souvenirshops von El Calafate entdecken. Wir waren mit ihnen auf dem W Trail der Torres del Paine in ca. 10 Tagen verabredet. Sie haben ihr Programm teilweise geändert, und hier sind wir zusammen, gleiche Stadt, gleiche Uhrzeit am Ende der Welt. Wir schaffen es nicht, Rémi zu stoppen, der uns euphorisch ihre komplette einmonatige Reise in der übrigen halben Stunde vollständig erzählen möchte. Wir setzen einen neuen Termin in den nächsten Tagen in El Chalten. Gleichzeitig nutzen wir die Gelegenheit, um ihnen ein paar Sachen abzugeben: Rémichelle sind für immer unsere logistische Basis.

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Die Boomstadt El Chalten liegt in einem Tal, im Herzen der Anden. Vor 30 Jahren ist sie aufgrund des Tourismus entstanden. Hier gibt es aber keine riesigen Parkplätze mit Toiletten, Warteschlangen an den Ticketschaltern, heulenden Kindern und Souvenirshops. Fast alle Touristen kommen hier nur aus Interesse für die Berge: um den Fitz Roy herum gibt ein unglaubliches Angebot an Wanderwegen. Der Fitz Roy ist ein beeindruckender, steiniger, 3405 m hoher Gipfel, der erst 1952 von einem Franzosen namens Lionel Terray besiegt wurde. Neben dem Fitz Roy wurden weitere Berge nach französischen Entdeckern gennant: Poincenot, Mermoz, Saint-Exupéry.

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Der Autor vom Kleinen Prinz und Nachtflug ist sehr bekannt in Patagonien, da er gut zehn Jahre für die argentinische Luftpost gearbeitet hat, und die Linie Buenos Aires - Rio Gallegos regelmäßig geflogen ist. Straßen, Plätze und Monumente wurden nach ihm genannt.

El Chalten eine unvermeidbare Etappe zum Trainieren, bevor wir die komplette Tour des Torres del Paine Parks starten. Hier stehen vier Wanderungen auf dem Programm, die uns ermitteln werden, einige der schönsten Landschaften Patagoniens zu sehen, und auch, unsere gute Kondition bayerischer Gämsen zu bekommen.

Nach einem kurzen Besuch der Parkrangers, um den aktuellen Stand der Wettervorhersagen und der Wege zu erfahren, starten wir die Wanderung zur Laguna Torre. Ein Hin- und Rückweg ohne großes Interesse, der zu einem grauen, von einem Gletscher versorgten See führt. Gut für die Beine, aber enttäuschend.

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Hoffnungsvoll gehen wir am nächsten Morgen auf eine zwar schwierigere, aber wunderbare Wanderung. Die Anforderungen haben unmittelbar mit dem Interesse des Weges zu tun.Vom Gipfel der Loma del Pliegue Tumbado sieht man auf der einen Seite den Lago Argentino und seine blau-grüne Farbe...

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...und auf der anderen den Monte Cerro und den Fitz Roy, der heute schüchtern bleibt und sich hinter einer Wolke versteckt.

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Gleiches Szenario am nächsten Tag, als wir den Lago de Los Tres nach einem anstrengenden Aufstieg erreichen (die Steigung sieht wie eine Exponentiellkurve aus). Von da aus genießt man den schönsten Blick auf den Fitz Roy. Das Saphirblau Wasser ist eine Bewunderung. Der darüberliegende Gletscher lässt Eisstücke ab und zu herunterfallen, die langsam bis zu den Seeküsten wandern. Der hoheitsvolle Fitz Roy -immer noch mit seiner Wolke - ergänzt das Bild perfekt. Die Wolke bewegt sich und lässt alternativ die rechte und linke Seiten des Berges sehen, ohne dass die komplette Sicht haben. Nur hier kann man den Gipfel richtig abschätzen: eine mehrere hundert Meter hohe, glatte Felswand. Der starke Wind von Patagonien und die permanent bleibende Wolke machen den Aufstieg noch härter. Von unten ist es wunderschön. Von oben soll es düster sein.

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Am Ende der Wanderung können manche Leute dem kristallklarem Wasser des Lago de Los Tres nicht widerstehen. Vom Stein auf dem wir sitzen, sehen wir einen Typ sich ausziehen und zwischen die Eisberge springen...

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Der Lago de Los Tres fließt in einen zweiten, 200m tiefer liegenden See über einen schönen Wasserfall. Dieser zweite See ist türkisblau. Wie können alle Farben so unterschiedlich und genauso schön sein?

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Mit Rémichelle kommt auch die Sonne am vierten Tag, und wir können endlich den Fitz Roy vollständig sehen. Keine Wolke mehr. Wir nutzen diese einmalige Gelegenheit, ihn nackt zu sehen.

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Wir möchten trotzdem die zwei Stunden Aufstieg nicht wiederholen. Wir gehen also zum türkisblau Piedras Blancas Gletscher weiter. Dazu müssen wir ein Feld voll von riesigen Steinblöcken überqueren.

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Während dieser vier Wandertage haben wir in schönen Berglandschaften gewandert, wo alle Seiten von wunderbaren Gletschern bedeckt sind. Wir sind neben lauten, klaren Bächern gelaufen. Wir haben von Vögeln mit rotem Kopf bewohnte Wälder überquert.

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Außerdem haben wir bunte Bäumchen und grüne, wasserreiche Moosflächen gesehen. Wilde, glücklicherweise geschonte Natur.

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Schließlich haben wir auch ein wesentliches Element kenngelernt, das uns während unseres gesamten Aufenthaltes in diesem südlichen Land begleiten wird: DER WIND!

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Von früh bis spät ist er da. Beim Wandern macht er die Sachen schwieriger: keine Chance, seinen Hut als Sonnenschutz zu behalten (hier ist die Ozonschicht besonders dünn, wie in Australien). Unter der Höllensonne mussten wir also ein Haarband wie ein Pirat tragen. Jede 10 Minuten muss man auch eine weitere Folge des Windes ertragen und sich die Nase putzen. Die Windstöße sind so stark, dass sie uns fallen lassen können, und man muss besonders aufmerksam beim Aufsteigen bleiben, wenn die Bergflanken nackt von Bäumen sind. Und dieser Lärm...Es bleibt immer so laut, dass man wahnsinnig werden könnte. Abends beim Heimkommen ist kommt man aus diesem Grund müde an. Leider endet es innerhalb der gemütlichen Gaststätte nicht. Nachts bringen die Sturmböen die Struktur des Gebäudes zum Bewegen. Sabine hatte Recht: der Wind ist sehr unangenehm.

Wir verlassen El Chalten um Richtung chilenisches Patagonien zu fahren. Dort werden wir mehr Zeit im Nationalpark Torres del Paine verbringen (getrennter Beitrag).

Hier findet ihr alle Bilder vom argentinischen Patagonien.

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