Ohne Bedauern verlassen wir Cusco mit einem touristischen Bus nach Puno. Es geht darum, mehrere Pausen während der Fahrt zum Titicaca See zu haben, um kleinere Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Dadurch werden wir folgendes sehen können:
- die "Sixtinische Kapelle von Amerika", eine kleine aber feine, wunderbar dekorierte Kirche. Sie liegt in einem kleinen Dorf außerhalb von Cusco
- Wirakochas Tempel. Wiracocha ist der Schöpfergott der Inka. Neben dem Tempel befinden sich ca. 120 colcas oder kreisförmige Lagerungsstellen, wo Kleidungen, Nahrungsmittel, Töpfe zu finden waren.
Wir erfahren dass diese Colcas über die Strassen des Inka Imperiums verteilt waren. Jede 5 Gehstunden waren welche zu finden, sodass jeder Reisender seine Bedürfnisse kostenfrei erfüllen konnte. Nur so konnten die Kommunikationen sehr schnell erfolgen.
- Pucara ist eine 2500 Jahre alte Zivilisation. Die Ruinen liegen vor einem Berg, dessen Form an einen Puma erinnert. Die Raubkatze und der Regengott waren verehrt.
Um den höchsten See weltweit zu erreichen, fahren wir auf den Altiplano hoch, der -gemäß seinem Namen - hoch und flach ist. Dieses Gebiet ist über mehreren Ländern Südamerikas verteilt. Das größte Teil liegt aber in Bolivien. Es ist das zweithöchste bewohnte Gebiet der Welt nach Tibet. Wir beobachten gelbe Kräuter vor dem blauen Himmel. Einfach fabelhaft!
Schäfer überwachen ihre Lamaherden; wir sehen auch Bauer, die ihre Felder mit einem Pflug ackern: bisher gab es hier keine Agrarrevolution. Das Gebiet ist anscheinend sehr arm.
Bei der Ankunft in Puno ist plötzlich der Titicaca See zu sehen. Dieser Name bedeutet "Puma aus grauem Stein" auf Quechua.
Hier findet ihr alle Bilder der Fahrt von Cusco nach Puno.
Wir erreichen Puno und möchten die Amantani und Taquile Insel unabhängig besuchen, d.h. ohne Agentur. Am nächsten Tag gehen wir direkt zur Seebrücke...und erfahren, dass alle Schiffe schon weg sind. Natalio, vom Gemeinbüro der Insel, bietet uns eine alternative Lösung an: mit einem Kombi zur Capa Chica Halbinsel fahren. und von da, mit einem lokalen Schiff bis Amantani weitermachen. So fahren wir mit Einheimischen in einem übervollen Kombi und später in einer Barke. Authentischer hätte es nicht sein können. Wir teilen ein paar Kekse mit unseren Mitreisenden: *mamitas* auf dem Weg zurück vom Markt, Aron (2 Jahre alt) und seine Mutter, sowie Arthuro, der uns seit der Seebrücke begleitet. Wir gelangen zur weltweit höchsten Insel (da auf dem höchsten See...), und werden sofort von einer Familie übernommen. So funktioniert es hier: die Gemeinschaften der Insel empfangen die Touristen nacheinander, damit das Geld gleichmäßig verteilt wird.
Maria und Martin nennen uns willkommen bei ihnen. Wir bekommen ein nettes Zimmer. Während der Almuerzo vorbereitet wird, lernen wir Noelia und Lise, 6 und 9, kennen. Zusammen zeichnen wir Tiere und Pflanzen auf Aurelies Heft. Beim Essen (Gemüse und frittierter Käse) besprechen wir dann die Lebensweise der Einwohner. Die Leute leben hier hauptsächlich von der Agrarwirtschaft auf den Terrassen der Insel. Wegen des Klimas können nur Quinoa, Mais und Kartoffel bebaut werden. Der schlechte Wirkungsgrad erlaubt es kaum, genug fürs ganze Jahr zu bekommen. Grüne Gemüse und Obst kommen vom Kontinent; aus diesem Grund sind sie teuer und selten. Die wenigen Sachen, die wir ihnen schenken (Bananen, Klementinen, Kekse) verschwinden rasch in die Hände der Mädels.
Maria und Martin bedanken sich mehrmals bei uns fürs Kommen auf die Insel. Zum ersten Mal werden wir dafür gelobt, dass wir Touristen sind! Sie erklären uns außerdem, dass dieses Geldquelle ihnen erlaubt, aus der Armut zu kommen, und, dass ihre Mädels dadurch Perspektiven gewinnen: so können sie ihnen Hefte, Bücher, Stifte für die Schule kaufen. Und noch was grundsätzliches: so können sie auch die Gerichte variieren. Maria hofft, dass ihre Töchter Fremdsprachen lernen werden. Sie erzählt uns, dass der Tourismus sich nur seit 6 oder 7 Jahren richtig und hauptsächlich über Agenturen entwickelt hat. Diese sind gut sichtbar in Puno und helfen dadurch, dass die Insel selber bekannter wird. Leider haben die Agenturen sehr verstanden, wie sie am Meisten Geld machen können: sie schicken sie Touristen in die Familien, die ihnen Unterkunft und Gerichte anbieten, und zahlen diese Familien nur mit Wochen Verspätung - wenn sie das Geld überhaupt geben. Außerdem behalten sie eine sehr komfortable Kommission. Schließlich zahlen sie nur...in Dollars, was für die Familien absolut nutzlos ist. Im Endeffekt ist es von der Familie sehr gut gesehen, dass wir unabhängig gekommen sind: sie kann unsere gesamte Zahlung direkt genießen.
Am Nachmittag gehen wir zu beiden Pachamama und Pachatata Tempeln über die steilen Wege der Insel. Die Landschaft erinnert stark an Irland durch die kleinen, von Steinmauern getrennten Feldern. Das ganz aber mit sonnenreichem, trockenem Wetter!
Selbst das Licht auf dem See ist besonders, sehr weiß; dies hat bestimmt mit der Höhe zu tun: wir sind hier auf 4100m. Die Stellte erlaubt uns, einen wunderbaren Sonnenuntergang über den Titicaca See zu sehen. Hier bleibt die Sonne nicht stundenlang über dem Horizont. Sie fällt plötzlich unter die Kurve der Erde.
Wir verlassen Amantani Insel, nachdem wir ein paar Fotos von der Familie gemacht haben, und einige Heilmittel verschenkt haben. Mit dem Schiff fahren wir zum nächsten Insel: Taquile. Sie liegt näher von Puno, und lebt schon länger vom Tourismus. Wir steigen auf die Insel aus und nehmen einen "touristischen" Weg. An diesem Weg entlang defilieren die Bewohner in voller Tracht. Das Ziel ist, sich gegen 1 BS fotografieren zu lassen - genau wie die Lamas in Cusco. So was wollen wir nicht fördern, umso weniger, dass dreijährige Kinder das System schon verstanden haben: eins möchte Nicolas Plüschkatze, die am Rucksack hängt, gegen ein "kostenfreies" Bild tauschen. Zuerst bringt es uns zum Lachen, aber wir fühlen uns etwas unwohl, als wir die Insel verlassen.
Wir fahren nach Puno mit dem Schiff zurück. Am nächsten Tag lassen wir die Bilder ausdrucken, und schicken sie an die Familie in Amantani per Post. Wir hoffen, dass sie den Tourismus weiterhin für ein Mittel der Öffnung halten werden, und die Franzosen im Allgemeinen in guter Erinnerung behalten werden.
Hier findet ihr alle Bilder der peruanischen Seite des Titicaca Sees.
Zwei Tage später fahren wir über die bolivianische Grenze, und kommen in Copacabana an. Klingt irgendwie bekannt? Logisch, da Copacabana auch der Name eines extrem berühmten Strandes in Rio de Janeiro ist. Die bolivianische Stadt ist allerdings die, nach der der brasilianische Strand genannt wurde. Ein bolivianischer Seemann, verloren vor der Küste Rios, habe zur Jungfrau von Copacabana gebeten, um gerettet zu werden. So habe der Strand den Namen dieses schönen Städtchens übernommen. Apropos Surfer: im Punos Busbahnhof treffen wir zufällig Peter, unseren Lieblingssurfer von Santa Cruz, der immer mit seinem Board reist.
Nach Copacabana ist die Sonneninsel unsere nächste Station, die neue Panoramas anbietet. Vom Gipfel der Insel können wir wieder den Titicaca See beobachten. Es gibt kaum verkehr auf dem kristallklarem Wasser. Keine akustische Belästigung. Nur den Wind und die Grenzenlosigkeit seiner Fläche. Wunderbarer Blick auf kleine Buchten mit türkis Wasser und auf beeindruckende Berge der Königlichen Kordillere. In der Ferne erkennen wir den Huayna Potosi, dessen Aufstieg uns anzieht. Lange vor Christus was die Sonneninsel schon eine Kultstätte von sehr ungenau bekannten Zivilisationen. Eine geheimnisvolle Stimmung herrscht hier.
Zurück in Copacabana genießen wir (schon wieder) einen sehr schönen Sonnenuntergang mit einem Cocktail, begleitet von Peter. La Dolce Vita!