Zum zweiten Mal sind wir in Buenos Aires. Wir hatten eine zweitägige Pause gemacht, als wir von Ibera kamen und bevor wir zur Osterinsel flogen.
Wir waren ganz erschrocken bei unserer Ankunft in die argentinische Hauptstadt. Wiederholte Erzählungen von Angriffen mit Pistole im Viertel von La Boca und Ratschläge von Argentiniern hatten uns konditioniert. Jérémy und Fanny, die wir in Trujillo getroffen hatten, haben hier ihre ganzen Sachen verloren; Vincent, den wir in Huaraz kennengelernt hatten, musste den kompletten Inhalt seines Rucksacks aufgeben (wahrscheinlich in der gleichen Strasse sogar); die drei Argentinierinnen, die wir in Sucre angesprochen haben, konnten nur bestätigen, wie gefährlich die Stadt ist, und Mike, Hotelverantwortlicher in San Ignacio, hat uns erzählt, wie Leute jeden wegen 2 Pesos ermorden. All dieses hat unsere Begeisterung stark gesenkt.
Wir sind immer mit gewissen Vorischtsmaßnahmen in der Stadt gelaufen, und haben nur das Minimum mitgenommen: das notwendige Geld für den Tag. Genau aus diesem Grund haben wir auch nur wenige Bilder von der Stadt. Vor drei Jahren wurde ein französischer Fotograf auf dem Plaza de Mayo (einem der größten Plätze der Stadt) , weil er seine Kamera nicht hergeben wollte.
Dennoch ist Buenos Aires sehr ästhetisch. Die Architektur ist sehr ähnlich wie die in Paris. Breite Strassen, alte Gebäude mit hoher Decke, Balkon aus Schmiedeeisen, Zeitungskioskeo... Es ist auch kein Zufall: die frisch eingewanderte Aristokratie hat versucht, die aller beste Architektur der Zeit zu reproduzieren. Die Schiffe, die Getreide, Fleisch und Rohstoffe nach Europa transportierten, brachten Baustoffe aus Frankreich und Italien zurück. Selbst die schicken Begegnungsorte wurden nachgebaut: wunderbare Cafés, Oper, Museen, Äquivalent des Père-Lachaise [historischer Friedhof in Paris]...Wir haben unseren Aufenthalt hier sehr genossen...und haben überhaupt kein Problem gehabt.
Als wir mit Nicolas Eltern wieder vor Ort sind, stehen eine Besichtigung dera Oper, eine Tour im Recoleta Friedhof und ein Tangoshow auf dem Programm. Dies ist unser Weihnachtsgeschenk an Michelle & Rémi.
Buenos Aires Oper ist ein architektonisches Kunstwerk, deren komplette Restaurierung 2010 abgeschlossen wurde. Schöne Art déco Kuppeln, Flure, die an den Spiegelsaal in Versailles erinnern, wunderbare gehauene Friese.
Ihr bester Trumpf ist aber der Konzertsaal. Expertenzeitschriften haben es für die mit der besten Akustik weltweit ausgewählt. Luciano Pavarotti habe einen einzigen Nachteil genannt: es sei so gut, dass das Publikum jeden Fehler hören kann. Das ist Preis für Perfektion: in diesem Saal darf man einfach keinen Fehler machen! Um uns eine Ahnung der Wiedergabe zu geben, lässt uns die Führerin la Cucaracha singen. Eigentlich klingt es nicht ganz perfekt...
Während der Konzeption des Saals haben sich Ingenieure und Architekten einen Trick überlegt: es wurden Öffnungen für Sänger in der Decke gemacht. Wenn sie aus diesen Plätzen singen, hat man den Eindruck, dass die Stimmen vom Himmel kommen. Praktisch für einen "Gottstimme" oder "Engelchor" Effekt!
Der Recoleta Friedhof ist dafür bekannt, dass Evita Peron, die größte argentinische Heldin, hier begraben wurde. Der Friedhof ist groß und dicht bevölkert. Manche Graben wurden extravagant gebaut, während andere viel diskreter bleiben. Das von Evita Peron erkennt man an den vielen Touristen vor der Tür des Grabgewölbes. Kerzen, Rosen, kleine Geschenke dekorieren die Tür. Katzen schlafen im Schatten der Kreuze. Am Wochenende spazieren die Porteños gerne im Recoleta Friedhof.
Es ist genauso undenkbar, Buenos Aires zu verlassen, ohne ein Tangoshow zu sehen, als nach Paris zu fahren, ohne den Eiffel Turm zu besichtigen. Tango ist in den armen Vierteln von Buenos Aires am Ende des 19. Jahrhunderts geboren. Am Anfang wurde es nur von Männern getanzt, die ihr gutes Glück in Argentinien suchten (derzeit gab es eine Frau für drei Männer). Ursprünglich war es eine melancholische Tanz, die Heimweh und Sehnsucht ausdrückt. Langsam ist es gemischt, und zur komplexen Liebesparade geworden. Viele Porteños können Tango tanzen. Wenn man die Reaktionen des Publikums auf kleine Strassenshows hört, wird auch klar, dass selbst diejenigen, die nicht tanzen, in der Lage sind, die Qualität der Tanz zu beurteilen. Mit Anzug, manchmal auch von Orchestern begleitet führen die Tänzer unglaubliche Pässe durch.
Wenn die Qualität schon auf der Strasse so gut ist, werden wir vom Abend, den wir im Theater Piazzolla gebucht haben, sicher nicht enttäuscht werden! Hier sind ein paar Bilder.
Die Dienstleistung beinhaltet einen Tangokurs, Abendessen und ein Tanzoshow von Profis. Am Abend werden wir von einem Shuttlebus im Hotel abgeholt, um uns zum Theater ins Stadtzentrum zu fahren. Wir steigen in den Bus mit Outdoorklamotten ein, während die anderen Touristen das Komplettpaket zeigen: Flitterkleider, hohe Absätze, Anzüge, lackierte Schuhe.
Es geht direkt mit dem Tangokurs weiter. Das Profi Tänzerpaar erklärt uns, dass der argentinische Tango, der Einzige, der Wahre, überhaupt nicht wie von Angelina Jolie und Brad Pitt in Mr. und Mrs. Smith, von Arnold Schwarzenegger und Jamie Lee Curtis in True Lies oder von Jim Carrey in The Mask getanzt wird. Erstens tanzt keiner Tango mit einer Rose im Mund!
Tango ist ein mMarsch. Das Paar steht gerade, Oberkörper enger. Der Mann schiebt die Frau mit dem Brust und führt sie in manchmal beeindruckende Figuren. Mittlerweile versuchen wir, die Schritte zu reproduzieren, die sie uns zeigen. Wir gucken auch gerne auf Rémi und Michelle, die sich trotz der Wandersandalen, die sie tragen, Mühe geben.
Dann geht es in den Showsaal: Gardinen aus Velours, dicker Teppichboden, weiße Tischdecke, sanfte Beleuchtung. Klasse! Wir bekommen ein riesiges Abendessen: Caesar Salat, argentinischer Rindsteak, Nachspeise, alles mit viel gutem Wein.
Das Show startet. Von Anfang bis Ende ist es ein wahres Feuerwerk: Tanz, Lieder, Orchesterstücke. Die Tänzer tragen Anzüge der dreißiger: Hemd, Weste, Sako und Hut. Man erwartet fast eine Taschenuhrc. Die Tänzerinnen ziehen sich zwischen jedem Stück um: rote, blaue oder schwarze Kleider mit Strass, weiße aus Musselin und Federn. Frisur, Schminken, alles wird verwendet, um das Verführungsspiel zu spielen.
Die Tänzerpaare führen komplexe Choreografien auf langsamen oder schnellen Rhythmen durch. Die Frauen werden schön getragen, oder "elegant" in drehenden Figuren auf dem Boden geschoben. Etwas zu viel Schwitz auf den Händen, und sie würde durch den Saal wegfliegen...Beeindruckend ist auch der Kontrast zwischen den ausdruckslosen Gesichtern der Tänzer und den raschen Bewegungen ihrer Beine, die sich berühren, streicheln, kämpfen. Tango, oder wie man den anderen ständig berührt, ohne seine Fühlungen zu zeigen...
Nächster Tag ist Sonntag. Und am Sonntag gibt es einen sehr großen Flohmarkt im Viertel von San Telmo. Alte Frauen trennen sich von ihren alten Gläsern, Kupfertöpfen, andere verkaufen siphons, diese Sprudelwasserflaschen die man im Hintergrund manchen Gemälde von Manet, Degas oder Toulouse-Lautrec sieht.
Neben den *Mate*, die typisch argentinisch sind, haben wir das Gefühl, die gleichen alten Gegenstände wie auf europäischen Flohmärkten zu finden. Eine Erinnerung, dass die Porteños vor allem italienische, französische, spanische, deutsche oder polnische Einwanderer waren...denn wie ein argentinisches Sprichwort sagt: "Mexikaner kommen von den Azteken, Peruaner von den Inkas und Argentinier...vom Schiff."
Wir laufen etwas herum, kaufen ein paar Kleinigkeiten. Rémi, als echter Mafalda Fan, unterhält sich mit ihr.
Bevor wir gehen, wollen wir eine Herausforderung annehmenp: die breiteste Strasse der Welt zu fuß auf einmal überqueren: die gesamten fünf Spuren der Avenida der Julio sind 140m breit: das müssen wir in weniger als 30 Sekunden schaffen. Challenge accepted ! (Video)
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Am Abend nehmen wir unseren Flug nach Sydney, und verlassen Südamerika, wo wir die letzten 4,5 Monate verbracht haben. Es macht uns einen komischen Eindruck, zu gehen. Es ist ungefähr wie Tango: Wir fühlen uns etwas sehnsüchtig, aber gleichzeitig glücklich, dass das Abenteuer weitergeht.